Maske
Eine art kabine, atemgeräusch, regelmäßig, die draußen hinter der scheibe wissen mehr, die draußen wissen immer mehr, meinen sie, ein tisch, ein stuhl – kein bett. Mehr gibt es nicht, mehr ist mir nicht gestattet. Wie lange es noch so geht, ich weiß es nicht. Nicht mal einen spiegel haben sie mir gegeben, keine schminksachen. Und alles wegen so eines kleinen schnitts. Die haben keine ahnung, nicht die entfernteste ahnung. Ein betriebsunfall mehr nicht, stress und eine kleine unachtsamkeit, und jetzt machen sie so eine große sache daraus. Aber ich sage nichts. Schließlich, ich meine das nicht persönlich, also nicht jeden einzelnen von denen, oder wie soll ich es sagen, naja auf die persönlichkeit kommt es nicht an, das will keiner von denen wissen, das ist das schlimme, sonst wäre ich doch erst gar nicht in diesen schlamassel geraten.
Vor der kabinenscheibe, gemurmel, schritte, ein kommen und gehen, getuschel: wann denn endlich, das labor so weit ist, … Erstaunlich, eine unglaubliche perfektion, … Und wenn unsere befürchtungen zutreffen, dann ja dann, … Eigentlich nicht auszudenken, dabei ist sie ein so zierliches wesen, wie konnte sie das überhaupt bewerkstelligen? … Ein neuartiges verfahren? … Hat denn niemand vorher etwas davon gemerkt? … Die liste der bühnen, ja, kümmerst du dich darum?
Die lassen mich schmoren, kenne ich, aber ich lasse mich nicht weichmachen, irgendwann wird wieder einer von denen reinkommen, irgendein packen papier , eine akte, auf den tisch knallen, triumphierend grinsen, mir ein bild vor die nase knallen und fragen: na, was halten sie davon? Wie gefällt ihnen das? Geben sie endlich zu, dass…? Nichts gebe ich zu, die zeiten sind vorbei. Bin schließlich ein profi, und wenn es sie noch so sehr wurmt, sie glauben sie sitzen am längeren hebel, aber da haben sie sich kräftig getäuscht, das werden sie bald merken. Wenn die ein bisschen souveräner wären, würden sie jetzt nicht so ein schau abziehen und mich hier sitzen lassen. Ja, ein kleiner fehler ist passiert, aber doch mehr nicht. Und schließlich waren es doch sie, die mir das abverlangt haben – und in der hektik, da kann so etwas schon einmal passieren.
Vor der kabine weiß man, dass man sich wird entscheiden müssen, man kann sie nicht mehr lange hinhalten. Es geht nicht um höflichkeit. In diesem metier – und bei dem was auf dem spiel steht – sind andere gangarten erforderlich, aber wenn man nicht rasch handelt, geht sie ihnen noch durch die lappen. Was das bedeutet, mögen sich die beteiligten lieber nicht ausmalen. Die fakten sind unübersichtlich, wichtige untersuchungen noch nicht abgeschlossen: das krankenhaus hat entwarnung gegeben, das labor ist noch dran, …Sicher Könnte sie uns noch einiges sagen, … Sie blockt ab, vielleicht sollten wir ihr ein angebot machen, … Mit ihren fähigkeiten, nicht auszudenken, wenn sie woanders, … Sie sind doch der gleichen meinung oder? … Was sagt der chef?
Ich habe zeit, nicht unendlich, aber ich kann warten, wenn es sich lohnt, und es wird sich lohnen. Ich darf nur nicht einknicken. Werde ich auch nicht, so viel steht fest. Schließlich müssen die da draußen etwas überzeugendes vorlegen. Sie müssen was bringen. Sie tönen immer rum, sie wüssten, was los ist, nichts wissen sie. Weder von ihrem job, noch weniger von meinem. Die denken doch, es geht immer noch um schminke und pappmaschee, wie im kindergarten. Aber so ist es nicht mehr, war es auch nie. Heute heißt die alternative im theater monströs oder real, aber in beiden fällen, verrückt, ja, es soll echt wirken, perfekt sein. Am liebsten hätten sie alles so perfekt wie im film, dabei arbeiten die dort doch schon lange mit computeranimationen, aber all mein reden hat nicht gefruchtet. Ich, ich wollte es nicht, die ganze entwicklung nicht, die das genommen hat. Aber ich hatte keine wahl, wollte nicht mit dem schminkköfferchen auf irgendwelchen bürgerfestchen ungezogene gören bemalen. Also habe ich mir so meine eigene technik entwickelt. Perfekt eben. Und jetzt dieses buhei.
Draußen sind sie zu einem entschluss gekommen: weil der verletzte, … übel zugerichtet, … aber keine strafanzeige, … Na also, nochmal gut gegangen, … blaues auge, … auch der chef lacht wieder.
Synergie und perfektion, auf kurz oder lang haut das nicht hin, nicht in so einem betrieb. Früher hatte ich ein paar leute am tag in der maske, aber heute. Fließband, sage ich nur, und das ist keine übertreibung. Da ist es halt passiert, dass ich einem die maske, … Ich habe den ansatz nicht gefunden, bisschen herumgesucht, herum gekratzt, nur ein bisschen und dann habe ich halt das messer, aber es war nur ein kleiner schnitt, nicht der rede wert, das bisschen blut …
Filed under: Inneres - @ 23. November 2020 20:49
Schlagwörter: Verkleidung